Dass es ein Black- und Pagan Metal-Festival im fränkischen Hinterland mal zum zehnjährigen Jubiläum schaffen würde, hatten anfangs sicher nicht viele geglaubt. Das von Ivo Raab und der Nemeton event GmbH organisierte Ragnarök Festival hat 2013 allen Unkenrufen und Widerständen zum Trotz schon zehn Jahre auf dem Buckel. Mit einer abwechslungsreichen Mischung an Bands und einer guten Organisation war es auch 2013 wieder ein voller Erfolg – trotz kleinerer Probleme.
Auf dem Gelände rund um die Stadthalle Lichtenfels lud einen kleiner Metal-Markt zum Shoppen ein, und wer vor Ort übernachten wollte, konnte dies auf einem großen Campingbereich sowie in einer Schlafhalle tun. Letztere war dieses Jahr besonders sinnvoll, denn am 5. und 6. April war es noch arschkalt, nachts hatte es sogar noch Minusgrade. In der Stadthalle gab es zwei Bühnen, so dass auf einer umgebaut werden konnte, während auf der anderen gerade eine Bands spielte. Das hielt die Pausen zwischen den Auftritten angenehm kurz. Erfreulicherweise traten mit einer kurzen Ausnahme am Samstag keine Probleme bei den Umbauten auf, so dass fast alle Bands pünktlich starten konnten.
Die Versorgung mit Getränken und Essen war okay – Angebot und Preise waren im üblichen Rahmen, doch teilweise waren die Schlangen etwas zu lang. Mit einem Ausschank mehr oder einem weiteren Imbisswagen hätte man das vielleicht vermeiden können. Auch auf den Toiletten herrschte fast immer dichtes Gedränge, oft auch hier längere Schlagen. Gut, bei rund 4.500 zahlenden Fans (Angabe des Veranstalters) plus Bands, Medien, Helfen und so weiter nicht gerade überraschend. Offenbar ist die Kapazität der Stadthalle hier am Limit. Dass es dann noch Verwirrung unter den Ordnern bezüglich Presse-Parkplätzen und Einlass in den Fotograben gab, ist zu verschmerzen, da es die zahlenden Besucher nicht tangiert hat.
Was in Gesprächen mit Besuchern auffiel: Es herrschte Uneinigkeit über den Sound der Bands. Teilweise waren diese definitiv zu basslastig abgemischt, teilweise hing es offensichtlich vom Ort in der Halle ab, wie der Sound ankam. Generell gut war er auf der Tribüne gegenüber der Bühnen, deutlich schlechter in den ersten Reihen. Insbesondere bei Double-Bass-Gewittern war mehr Gewitter als Schlagzeug zu hören. Der Stimmung hat das zum Glück nicht geschadet.
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Trotz längerer Parkplatzsuche war ich dann doch noch rechtzeitig in der Halle, um die erste Band ABINCHOVA zu sehen. Die sieben Schweizer mussten zwar vor einer halb leeren Halle beginnen, schafften es aber mit ihrem melodischen Folk-Death-Metal-Mix, die Fans zu ordentlichem Applaus zu animieren. Ein gelungener Auftakt. Danach gaben die Deggendorfer NOTHGARD mit ihrem epischen Melodic Death Metal Vollgas. Dass im Publikum vermehrt die Haare flogen, könnte neben der tollen Mucke auch an der durchweg imposanten Haarpracht der Niederbayern gelegen haben, die sie munter kreisen ließen. Stimmungstechnisch war der Auftritt von NOTHGARD ein erstes Highlight.
Dass im Anschluss das Akustik-Trio HELLRIDE überhaupt auftrat, war ein aus meiner Sicht cleverer Schachzug der Veranstalter. Zwischen all den Black-, Death-, Folk- und Pagan-Metallern war die Show von HELLRIDE viel stiller, sparsamer und humorvoller – und kam vielleicht genau deswegen so gut an. Die Stimmung bei Band und Fans war gleichermaßen gut und locker, so dass HELLRIDE mit kunstvoll gecoverten Songs von Bands wie BLACK SABBATH oder KORPIKLAANI sich ihren Applaus redlich verdienten. Ihr Set hätte gerne noch ein oder zwei Nummern länger dauern dürfen.
Und wie schafft man es nun, nach HELLRIDE einen sauberen Anschluss zu schaffen und zum Rest des Programms überzuleiten? Zum Beispiel mit DARKEST ERA aus Nordirland, die eher langsamen Folk Metal spielen und ein wenig an Bathory erinnerten. So passten ihre melodischen Gesangslinien sehr gut zu den danach spielenden WINTERSTORM aus Franken, die lupenreinen Power Metal mit toller Gitarrenarbeit und klarem Gesang darboten. Dass die Band 2012 auf Wacken spielte, kam nicht unverdient – WINTERSTORM haben tolle Songs und eine tolle Bühnenpräsenz. Klasse Auftritt!
Um es mit Monty Pyhton zu sagen: And now for something completely different. AVA INFERI sind keine Gute-Laune-Kapelle, sondern eine klagende Erscheinung, eine düstere und verzweifelte Präsenz im dichten Bühnen-Nebel. Zu sehen war anfangs nicht viel, nur Sängerin Carmen Susana Simões wandelte mit einer Laterne in der Hand zum Bühnenrand, während die anderen Musiker im Kunstnebel verschwanden. Der Doom Metal der Portugiesen ebnete den Weg (haha!) für DER WEG EINER FREIHEIT, die ähnlich düster zu Werke gingen. Aber ungleich schneller. Der rasante Black-Death-Metal kam sofort gut an, die Mucke der Würzburger geht auch schnell in den Kopf, der dann wie von selbst zu bangen beginnt. Anekdote am Rande: Normalerweise dürfen Fotografen während der ersten drei Songs einer Band fotografieren, so auch beim Ragnarök. Dass manche Songs sechs oder sieben Minuten lang sind, wusste offenbar nicht jeder Ordner und schickte so die Foto-Crew schon nach Song Nummer zwei weg. Mit dem Guten war auch nicht zu reden…
Die Thüringer FJOERGYN waren wieder mit Organisator Ivo Raab am Start, der den Auftritt für eine Gedenkminute nutzte und sich dann bei Fans und Helfern bedankte, bevor er mit der Band zusammen eine ebenso umjubelte wie umnebelte Show spielte. Es folgten AGRYPNIE, die sich in noch dichteren Nebel hüllten und aus dieser scheinbaren Sicherheit heraus ihren düsteren Black Metal unters Volk brachten. Sänger Torsten (der am Samstag auch mit seiner Haupt-Band NOCTE OBDUCTA auftrat) nutzte die Nebelwand aber gut für seine theatralischen Gesten aus und untermalte so die metallischen Attacken seiner Mitmusiker. Ein hörens- und sehenswerter Auftritt.
DORNENREICH in ihrer Besetzung mit Gitarre, Violine und Drums klangen keineswegs dünner als die stärker besetzten Bands davor, sondern überrollten die Stadthalle Lichtenfels mit wütenden Black Metal-Tiraden vor allem aus ihrem Album „Flammentriebe“. Dass das Trio nicht nur musikalisch so fett klang wie die anderen Bands des Tages, sondern auch in Sachen Bühnenshow punkten konnte, lag nicht etwa an Pyroeffekten oder ähnlichen Gags. Die drei Österreicher waren einfach unheimlich präsent, bewegten sich viel und ließen zu jeder Zeit erkennen, dass sie ihre Musik lieben.
Als Headliner mussten sich ELUVEITIE dann schon anstrengen, um den Auftritt von DORNENREICH noch mal zu toppen, was die Schweizer aber souverän schafften. Ohne Anna Murphy, die in der Schweiz im Krankenhaus lag, mussten ELUVEITIE zwar auf Leierkastenklänge verzichten, nicht aber auf ihre gewohnte Power. Angetrieben vom Duracell-Hasen Merlin an den Drums und geführt vom charismatischen Multiinstrumentalisten Chrigel am Gesang lieferten ELUVEITIE eine packende Show ab. Danach war nicht nur ich ausgepowert, so dass ich mir SHINING und HERETOIR (er-)sparte. Schließlich mussten noch Kameraakkus aufgeladen und Speicherkarten auf dem PC gesichert werden, um Tag 2 des Ragnarök-Festivals zu dokumentieren…